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Die Widmung auf dem Booklet seiner CD hat mich so stolz gemacht wie sie mir verpflichtend vorkam: "Meinem allerliebsten Freund" hatte er draufgeschrieben. Mit Achim war es immer ein Ganz oder Garnicht. So war seine Kunst, so war er als Mensch. Er forderte emotionale Aufrichtigkeit ein, oft in einem Maße, das mich nicht in die unverbindliche Alltäglichkeit entlassen wollte. Er konnte mich völlig in seinen Bann ziehen, so sehr, daß ich ihn gelegentlich auch fliehen zu müssen glaubte.
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Man kann das seinen Liedern anhören, denke ich. Es ist das Ingredienz, das sie zeitlos macht, allerdings auch das, was ihnen eine breite Popularität verwehrte und noch immer verwehrt.
Joachim Schäfers Kunst fordert von seinem Publikum nichts weniger als die unmittelbare Rückkoppelung zum eigenen Sein. Wer will das schon in dieser anstrengenden Welt? Ich selbst wollte es auch nicht immer.
Aber ich war immer auch froh, daß ich das Glück hatte, diesem einzigartigen Menschen begegnet zu sein. Die Maßstäbe, die er setzte, sind in meinem inneren Besitz geblieben.
Juni 2016
Es gibt so seltsame Fügungen. Du weißt ja, dass ich umgezogen bin und alles will verstaut sein. Justament HEUTE hatte ich eine Kiste mit Briefen in der Hand und bin darin versunken. Viele Briefe von Achim. Wir hatten viele Jahre Kontakt. Und justament heute, nach dem Öffnen der Kiste, fand ich deine mail. Was soll ich da sagen?
Ich habe 1990 über ihn/für ihn/ einen Text geschrieben, er hat ihn vertont und gesungen. Besser könnte ich es auch heute nicht sagen. Wenn ihr wollt, stellt ihn auf die memorial-website:
JOACHIMSLIED ( Für J. S.)
Manchmal möcht ich schon entschwinden
aus der Haut die mir genäht
Draußen auf dem Felde liegen
Bin ich dort nicht auch gesät
Spüre lang schon der Gezeiten
gnadenlose Kraft
die mit stummer Wiederkehr
Sommer mir und Winter schafft
Will nicht länger widerstreiten
Warum soll mir nicht geschehn
wie den Bäumen wie dem Gras
dieses Kommen und Vergehn
Wenn ich also kahl zuzeiten
keines Vogels Hausung bin
Solls nicht Schuld sein - Jeder Frühling
grünt
Und ist ein Neubeginn
Wenn euch das zu lang ist, dann fällt mir nur noch ein, er hat mir 1992 mal geschrieben: „ Zu suchen und zu zweifeln kann produktiv ODER zermürbend sein.“ Sein Suchen und Zweifeln war produktiv. UND zermürbend. Gruß, Ilona (per email)
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irgendwann in den 80ern:
mein mann ecki hatte wie so oft mit joachim schäfer schach gespielt. als er nach hause kam, fragte er, ob ich joachim die haare schneiden könnte. klar, kein problem. also verabredeten wir uns für eine woche später. es war ein schöner sommertag. treffpunkt rosental, am teich. joachim kam von vorn, er wohnte ja im waldstraßenviertel, und wir kamen beide von hinten, aus gohlis. mit von der partie: ein alter gründerzeitstuhl aus unserer wohnung und eine schöne scharfe schere.
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so richteten wir unseren kleinen 'frisör-stand' ein.
die haare fielen auf den rasen.
es war ein spaß, den ich nie vergessen werde.
ob noch eine flasche rotwein mit im spiel war, habe ich allerdings vergessen...
nur ecki langweilte sich etwas und lief den schmetterlingen nach. dann blieb er stehen, reckte seinen hals richtung zooschaufenster und rief: 'guckt mal, was die kamele dort machen!'
tatsächlich, die kopulierten, während ich joachim schäfer die haare schnitt.
per email, November 2015
© Sabine Heide Schäfer 2024